Quadrupolaufspaltung der 5:3 Mimas - Resonanz im äußeren A-Ring des Saturns. Links die "spiralförmige Dichtewelle" (density wave), rechts die "spiralförmige Biegewelle" (bending wave). Abstand der Resonanzstellen im A-Ring etwa 1000 km.

James Clerk Maxwell und die Stabilität von Planetenringen

Im Jahre 1981 waren die Voyager - Sonden an den großen Gasplaneten Jupiter und Saturn vorbeigeflogen. Es gab Bilder und Messungen ungeahnter Auflösung  und ich war entschlossen, über das Problem der Dichtewellen in Planetenringen eine Doktorarbeit anzufertigen (Oszillatormodelle für die kollektiven Anregungen in Planetenringen). Durch einen Zufall entdeckte ich in dem alten Klassiker der Himmelmechanik, der Mecanique Celeste von F.F. Tisserand, eine Kurfassung der Arbeit von J.C. Maxwell aus dem Jahre 1859 über die Stabilität der Saturnringe. In keinem anderen Buch als dem Tisserand  von 1884 habe ich diese Arbeit von Maxwell erwähnt gefunden.  Zur damaligen Zeit ein riesiger Glücksfall, denn es gab noch kein Internet und das Buch Maxwell on Saturn's Rings von S.G. Brush, C.W.F. Everitt und E. Garber kam erst 1983 bei MIT Press heraus.   

Die damalige Direktorin des Astronomischen Institutes in Münster, W. Seitter, hat mich zu dieser Arbeit ermutigt, zumal ich ab 1981 Mitglied in einer DFG - Forschergruppe zum Erde - Mondsystem war und Bildmaterial von der NASA durch den Selenologen Alan Binder bekam.  Das eigentliche Problem war aber die Überbrückung des in der Literatur nicht vorhandenen "missing link" zwischen der Dichtewellentheorie bei Maxwell 1860 zur modernen Theorie spiralförmiger Dichtewellen von Lin - Shu und Goldreich - Tremaine aus dem  Jahre 1978.   Dieser Brückenschlag ist mir in der Arbeit nur teilweise gelungen.

 

Damals wurde mir  klar, daß es so etwas wie verlorenes Wissen gibt, daß irgendwo in Bibliotheken verborgen ist und noch nach Jahrhunderten auf eine Wiederentdeckung und Neubelebung wartet...

Die Dispersionszweige des selbstgravitierenden Teilchenringes knapp unterhalb der kritischen Massendichte

Das linke Bild zeigt einen Maxwell'schen Teilchenring, in dem eine Dichtewelle (g-Mode) mit der Wellenzahl 5 angeregt ist. Die Richtung der Phaserngeschwindigkeit der Welle ist hier entgegengesetzt der Rotationsrichtung, die im Uhrzeigersinn erfolgt. Eine solche Welle kann von einem Mond angeregt werden, der außerhalb des Ringes entgegen dem Uhrzeigersinn um den Planeten läuft. Dies nennt man heute  eine innere Lindblad Resonanz, benannt nach einem Astronomen, der um 1925 auf dem Gebiet der Galaxiendynamik gearbeitet hat.

Das linke Bild zeigt wiederum einen Maxwell'schen Teilchenring, in dem eine Dichtewelle (g-Mode) mit der Wellenzahl 5 angeregt ist. Die Richtung der Phaserngeschwindigkeit der Welle ist jetzt aber in der gleichen Richtung wie die Rotation, nämlich  entgegen dem Uhrzeigersinn. Eine solche Welle kann von einem Mond angeregt werden, der innerhalb des Ringes entgegen dem Uhrzeigersinn um den Planeten läuft. Dies nennt man heute  eine äußere Lindblad Resonanz. Nach Maxwell sind solche Einzelringe stabil, wenn das Verhältnis von Ringmasse zur Zentralmasse eine kritische Zahl unterschreitet, die von der Teilchenzahl im Ring abhängig ist.

Dichtewelle vom Typ einer p-Mode in einem Teilchenring

Hier sieht man im Bild eine p-Mode in einem Teilchenring. Die Phasengeschwindigkeit solcher Wellen ist sehr gering, so dass sie wie eingefroren erscheinen. Das Phänomen von Ringbögen in einigen Planetenringen kann wahrscheinlich  auf diesen Typ von Dichtewellen zurückgeführt werden.

Wechselwirkung von zwei Ringen

Die Wellen - Wellen Resonanzen

Zwei gravitativ wechselwirkende differenziell rotierende Teilchenringe mit fünf Verdichtungen. Ein solches System besitzt zwei konvektive Instabilitäten, obwohl jeder Ring für sich alleine stabil ist.
Die acht Dispersionszweige (Realteil) der Dispersionsrelation von zwei differentiell rotierenden Teilchenringen
Die Anwachsraten (Imaginärteil der Dispersionszweige)) von zwei speziellen Wellenmoden innerhalb eines engen Wellenzahl - Fensters für zwei "stoßfreie" Teilchenringe

Die eigentlichen Schwierigkeiten beginnen bei mehreren gravitativ wechselwirkenden Maxwell'schen Teilchenringen. Während ein Ring bei Einhaltung eines bestimmten Kriteriums immer stabil sein kann, sind schon zwei Ringe, bei denen die Teilchen aufgrund der differentiellen Scherströmung einander vorbeigleiten, immer instabil. Bei zwei Ringen ist die Dispersionsrelation schon vom achten Grade und hat somit acht Wellentypen. Bei zwei bestimmten Wellenlängen der Dichtestörungen setzt eine Instabilität ein (siehe obige Diagramme). Ursache hierfür ist eine Wellen - Wellen Resonanz, analog einem ähnlichen Prozess aus der Plasmaphysik (two - stream instability, inverse Landau -  Dämpfung) oder der Hydrodynamik (Kelvin - Helmholtz Instabilität). Dieses Phänomen hat schon J.C. Maxwell 1859 in Grundzügen entdeckt - seine Rechnungen hierzu sind aber unzureichend. Bis heute sind diese Untersuchungen nicht weitergeführt worden, obwohl hier der "missing link" zur Instabilitätstheorie spiralförmiger Dichtewellen in Galaxien und protoplanetaren Scheiben und zu weiteren Wachstumsprozessen zu finden ist.

 

Die oben erwähnte Wellen - Wellen Resonanz zeigt zudem, dass notwendig eine aus zahllosen Teilchen (planetesimalen) bestehende Scheiben zu größeren Brocken agglomerieren muß - wenn auch in langen Zeitskalen! Ein wichtiges und vom theoretischen Standpunkt schönes Resultat.  Der Prozess zur Mondbildung oder Planetenbildung ist also notwendig in den Naturkräften angelegt! 

 

Hier wird noch ein eBook vorbereitet, welches meine Untersuchungen und Erfahrungen auf diesem Gebiet zusammenfassen werden.

Wellenmechnaik der Planetenringe
Das kleine Buch ist in Bearbeitung. Es beruht im Wesentlichen auch auf Gedanken von J.C. Maxwell - ja es ist eine historische Wiederbelebung seiner genialen Modelle mit notwendigen Korrekturen.
planetenringe.pdf
PDF-Dokument [3.0 MB]

Aktuelles

kritisch betrachtet

Eine neue Computersimulation im Jahre 2023 des Kosmos (Flamingo project) hat nicht nur Dunkle Materie, sondern auch baryonische Materie und galaktische Winde berücksichtigt. Die Hoffnungen, die S8-Anomalie der Strukturbildung dadurch zu klären, wurden aber enttäuscht. Ursache: anstatt w=-1 (Kosmologische Konstante) doch w = -2/3?

 

 

Eine kleine historische Sensation hat sich Ende 2022 in Belgien ereignet: Das  verloren geglaubte einzige Videointerview mit George Lemaitre (1894-1966) aus dem Jahre 1964 wurde in einem Archiv wiedergefunden. Es war falsch eingeordnet worden. Nicht nur auf youtube kann man es finden, sondern es existiert inzwischen (Januar 2023) auch eine schriftliche Transkription [arXiv:2301.07198v2] in französischer und englischer Sprache. Ich beabsichtige, dieses legendäre Interview zeitnah ins Deutsche zu übersetzen.   

 

 

Ende 2018 entstand weltweit ein riesiger Medienrummel (Medien-Hype), leider auch unterstützt von der Oxford University, dass das Problem der dunklen Materie und der Dunklen Energie durch die Einführung von zusätzlichen negativen Massen (dark fluid) mit zusätzlicher kontinuierlicher Materie-Erzeugung im Universum sehr einfach gelöst werden könne. Ursache sei einfach ein Vorzeichenfehler, behauptete Jamie Farnes von der Oxford University. (A&A 620, id. A92, 2018) Sofort tauchten aber Gegenstimmen auf, welche die Unmöglichkeit von negativen Massen (träger Masse,schwerer Masse, gravitativer Masse) im Rahmen der Einsteinschen Theorie darlegten. Zudem zeigte sich im Laufe des Jahres 2019 ein schwerer Fehler im Simulations-Programm und die Tatsache, dass sich im Rahmen dieser gewagten These und ihrer korrigierten Simulation die Halos um Galaxien nicht in der beobachten postulierten Form (dunkle Materie) bilden können. Ein öffentlicher Widerruf dieser fehlerhaft  falschen Hypothese hat aber nie stattgefunden! Historisch kann man diese Affäre als den NEGATIVE MASS BUG bezeichnen.

 

Hinweise auf eine angebliche Phase der "Inflation" im frühen Universum zerfallen zu Staub: Im März 2014 veranstaltete ein Team um den Harvard Astronomen J. Kovac (BICEP2) für eine völlig übereilte propagandistische Pressekonferenz (schon einen Tag vorher als  Sensation angekündigt!): Man hat in der Hintergrundstrahlung des Universums Signaturen einer Polarisation entdeckt, die angeblich eindeutig auf Gravitations-wellen in einer Inflationsphase des frühen Universums schließen lassen. Der eigentliche Skandal ist, daß man die Daten fast ausschließlich durch MIE-Streuung von Mikrowellen an inter-stellaren Staubteilchen erklären kann und muss -  und genau daran hatte das "Team" bei der Auswertung nur sehr unzulänglich gedacht! Ein aggessiver Versuch, die Öffentlichkeit durch Sensation zu täuschen und eine nicht überprüfbare (nicht falsi-fisierbare) Theorie (Inflations - Hypothese) salonfähig zu machen. Der Citation-Index dieser Veröffentlichung ist inzwischen wesentlich höher als ihr Widerruf. Die Raffgier nach Forschungs-geldern und Nobelpreisen treibt auch in der Wissenschafts - Industrie  immer bizarrere Blüten...

Nachweis angeblich überall im Universum vorhandener DUNKLER MATERIE in Form von Elementarteilchen gescheitert! Das bis jetzt empfind-lichste Experiment LUX in Sanford/South Dakota USA konnte in einer ersten Phase Ende Oktober 2013 keine WIMPs - Teilchen feststellen, die angeblich einen großen Teil der angeblich existierenden Dunklen Materie ausmachen sollen. Alle früheren angeblichen Nachweise sind somit fehlerhaft gewesen. Ein sehr wichtiges, schönes und befriedigendes Resultat "Die Sekte der Gläubigen an die "Dunkle Materie", die sich selber als alternativlos ansieht,  bleibt so weiter in der Krise.  Die Hypothese der "Dunklen Materie" ist allerdings im Sinne von Ockhams Rasiermesser die wahrscheinlichste "Minimalhypothese", da sie extrem einfach ist und jede dynamische Anomalie durch Hinzufügen exotischer Materie erklären kann. Ob allerdings so in der Zukunft der von Teilchenphysikern  geschürte "Big Science" Teilchen-Lobbyismus  mit der platten Devise - Wir verstehen nichts, können aber alles erklären - das vorherrschende Dogma bleiben wird, wissen nur die Sterne...