Die Entdeckung des Planeten Neptun
Ein Triumph der analytischen Mechanik ?
Ursprünglich als Deckengemälde geplant, zeigt der obige Ausschnitt eines Bildes des Malers Edmond Louis Dupain (1847-1933) aus dem Jahre 1889 die triumphale Entdeckung des Planeten Neptun. Es hängt heute in der Bibliothek des Pariser Observatoriums.
Die obige Abb. zeigt die 30 Datenpunkte von Adams, welche die Abweichungen des Planeten Uranus in ekliptikalen heliozentrischen Längen von einer optimalen Ellipsenbahn nach Bouvard für den Zeitraum von 1690 bis 1845 in Bogensekunden darstellen (Blaue Punkte). Die Daten von Le Verrier sehen ähnlich aus, sind aber noch etwas besser reduziert und genauer. Die blaue Linie ist ein optimaler Fit einer inversen Störungstheorie unter der Annahme eines weiteren Planeten (Neptun) mit doppelter Umlaufzeit in einer Kreisbahn außerhalb von Uranus (2:1 Resonanz). Die Lösung besteht aus einem homogenen Anteil (rot), welcher einer Neujustierung der Uranusbahn entspricht, und einer inhomogenen Resonanzlösung (braun-gelb), welche die eigentliche Störung durch Neptun beschreibt. Die Hypothese einer 2:1 Resonanz zwischen Uranus und Neptun macht die analytische Störungsrechnung sehr elegant und einfach. Mit ihr hätten Le Verrier und Adams schon damals den Bahnradius und die Masse des Neptuns wesentlich genauer berechnen können.
Diese Figur zeigt für Uranus die radiale Abweichung von einer Standardellipse nach den Daten von Adams . Die Daten von Le Verrier sehen ähnlich aus. Die eigentliche Störung besteht wieder aus zwei Anteilen, wobei die eigentliche "gravitative Streuung" (braun-gelbe Kurve) durch den Neptun für den Zeitraum nach 1820 nur den kleineren Teil ausmacht. Der Haupteffekt der radialen Abweichung wird nach 1820 durch die Neujustierung der Uranusbahn bewirkt. Die radiale Abweichung war aber für den britischen Astronomen G.B. Airy im Jahre 1838 sehr wichtig, weil er in den 1830er Jahren die Uranusbahn sorgfältig gemessen und radiale Abweichungen von der Sollbahn deduziert hatte (drei blaue Punkte). Im November 1845 erwähnt er diese Anomalie in einem Brief an Adams und bezeichnete diese als ein experimentum crucis. Adams reagierte auf diese Anfrage zunächst nicht. Aus heutiger Sicht war diese Nachfrage nicht trivial -- eine endgültige Antwort konnte erst Jahrzehnte später gefunden werden.
Es war der Triumph des französischen Himmelsmechanikers U. Le Verrier, die unbekannte Position des letzten noch unbekannten Gasriesen in unserem Sonnensystem aus solchen Residuen vorrausberechnen zu können. Die schon etwas früher begonnenen Rechnungen von J.C. Adams waren in ihren Prognosen nicht ganz so genau, wie man heute durch die sorgfältig gesammelten und seit 1998 wiederentdeckten Originalakten von G.B. Airy weiß. Doch moderne Nachrechnungen mit den Originaldaten von Le Verrier und Adams mit ihrer Annahme einer doppelten Uranusdistanz zeigen besonders in den dann neu berechneten Exzentrizitäten und Perihellängen, dass die Dinge nach 170 Jahren nicht ganz so einfach liegen. Selbst mit einer richtig orientierten Parabelbahn von Neptun hätte man die damals bekannten Anomalien des Uranus erklären können...
Bewußt gesehen haben dann zum erstenmal den Planeten Neptun am 23. September 1846 die Astronomen J.G. Galle und H.L. d'Arrest. Doch unbewußt hatte schon im Januar 1613 Galileo Galilei diesen Planeten in seinem kleinen Fernrohr beobachtet und notiert. So geht es häufig im Leben: Man sieht etwas, aber man erkennt nicht die wahre Bedeutung des Geschauten......
Die Bahnen von Uranus und Neptun
Schon als Student wollte ich immer verstehen, ob die Übereinstimmung dieser berühmten Vorausberechnung mit der Beobachtung im September 1846 eigentlich mehr Ergebnis eines Zufalls oder einer Notwendigkeit war, weil sowohl Adams als auch Le Verrier für die unbekannte Distanz des Planeten Neptun einfach die Titius - Bodesche Regel zu Hilfe nahmen und dabei eine fast doppelte Distanz wie Uranus zur Sonne annahmen. Daher wichen ihre berechneten Bahnen von der wahren Neptunbahn auch erheblich ab. Physikalisch und mathematisch wäre es wesentlich besser gewesen, zunächst eine Kreisbahn mit einer exakten 2:1 Resonanz mit Uranus anzusetzen (mit einem säkularen Term der Form t*Sin[t]) und dann ein bisschen zu spielen....
Darum wird hier bald ein kleines eBook zu diesem bemerkenswerten Thema erscheinen, wo ich diese verwickelten Fragen im Rahmen einer vereinfachten linearen Responsetheorie (Oszillatormodell in der Hill'schen Approximation) mathematisch erörtern möchte.
"I was abused most savagely both by English and French"
George Biddell Airy (1801 - 1892) in seiner Autobiographie über seine Rolle bei der Entdeckung des Planeten Neptun.
Das Buch ist noch in Bearbeitung. Die historischen Quellen sind sehr umfangreich. Die Oszillatorgleichung ist inzwischen perfektioniert.
Neptun_Entdeckung.pdf
PDF-Dokument [3.0 MB]
Aktuelles
kritisch betrachtet
Eine kleine historische Sensation hat sich Ende 2022 in Belgien ereignet: Das verloren geglaubte einzige Videointerview mit George Lemaitre (1894-1966) aus dem Jahre 1964 wurde in einem Archiv wiedergefunden. Es war falsch eingeordnet worden. Nicht nur auf youtube kann man es finden, sondern es existiert inzwischen (Januar 2023) auch eine schriftliche Transkription [arXiv:2301.07198v2] in französischer und englischer Sprache. Ich beabsichtige, dieses legendäre Interview zeitnah ins Deutsche zu übersetzen. Bis jetzt kannte man nur ein schriflich niedergelegtes Interview aus dem Jahre 1938.
Ende 2018 entstand weltweit ein riesiger Medienrummel (Medien-Hype), leider auch unterstützt von der Oxford University, dass das Problem der dunklen Materie und der Dunklen Energie durch die Einführung von zusätzlichen negativen Massen (dark fluid) mit zusätzlicher kontinuierlicher Materie-Erzeugung im Universum sehr einfach gelöst werden könne. Ursache sei einfach ein Vorzeichenfehler, behauptete Jamie Farnes von der Oxford University. (A&A 620, id. A92, 2018) Sofort tauchten aber Gegenstimmen auf, welche die Unmöglichkeit von negativen Massen (träger Masse,schwerer Masse, gravitativer Masse) im Rahmen der Einsteinschen Theorie darlegten. Zudem zeigte sich im Laufe des Jahres 2019 ein schwerer Fehler im Simulations-Programm und die Tatsache, dass sich im Rahmen dieser gewagten These und ihrer korrigierten Simulation die Halos um Galaxien nicht in der beobachten postulierten Form (dunkle Materie) bilden können. Ein öffentlicher Widerruf dieser fehlerhaft falschen Hypothese hat aber nie stattgefunden! Historisch kann man diese Affäre als den NEGATIVE MASS BUG bezeichnen.
Hinweise auf eine angebliche Phase der "Inflation" im frühen Universum zerfallen zu Staub: Im März 2014 veranstaltete ein Team um den Harvard Astronomen J. Kovac (BICEP2) für eine völlig übereilte propagandistische Pressekonferenz (schon einen Tag vorher als Sensation angekündigt!): Man hat in der Hintergrundstrahlung des Universums Signaturen einer Polarisation entdeckt, die angeblich eindeutig auf Gravitations-wellen in einer Inflationsphase des frühen Universums schließen lassen. Der eigentliche Skandal ist, daß man die Daten fast ausschließlich durch MIE-Streuung von Mikrowellen an inter-stellaren Staubteilchen erklären kann und muss - und genau daran hatte das "Team" bei der Auswertung nur sehr unzulänglich gedacht! Ein aggessiver Versuch, die Öffentlichkeit durch Sensation zu täuschen und eine nicht überprüfbare (nicht falsi-fisierbare) Theorie (Inflations - Hypothese) salonfähig zu machen. Die Raffgier nach Forschungsgeldern und Nobelpreisen treibt auch in der Wissenschafts - Industrie immer bizarrere Blüten...
Nachweis angeblich überall im Universum vorhandener DUNKLER MATERIE in Form von Elementarteilchen gescheitert! Das bis jetzt empfind-lichste Experiment LUX in Sanford/South Dakota USA konnte in einer ersten Phase Ende Oktober 2013 keine WIMPs - Teilchen feststellen, die angeblich einen großen Teil der angeblich existierenden Dunklen Materie ausmachen sollen. Alle früheren angeblichen Nachweise sind somit fehlerhaft gewesen. Ein sehr wichtiges, schönes und befriedigendes Resultat! Die Hypothese der "Dunklen Materie" ist allerdings im Sinne von Ockhams Rasiermesser die wahrscheinlichste "Minimalhypothese", da sie extrem einfach ist und jede dynamische Anomalie durch Hinzufügen exotischer Materie erklären kann. Im Rahmen der Gravitationstheorie (nicht Elementarteilchen - Theorie) wären aber dann "black holes" unterschiedlicher Massen die wahrscheinlichsten Objekte für Dunkelmaterie (Schon J. Michell (1724-1793) und P.S. Laplace (1749-1827) hatten dies vage vermutet) Sie wären so etwas wie "die ungeborenen Sterne" des Kosmos, da bei Ihnen die Gasakkretion nicht stattfand oder nicht stattfinden kann. Ob allerdings in der Zukunft der von Teilchenphysikern geschürte "Big Science" Teilchen-Lobbyismus mit der platten Devise - Wir verstehen nichts, können aber alles erklären - das vorherrschende Dogma bleiben wird, wissen nur die Sterne...