Jan Vermeer (1632-1675) :  Der Astronom

Astrometrie und Stellardynamik

Bestimmung von Apex und galaktischer Rotation

Es war wohl um 1978 oder 1979, als ich in der Mathematikbibliothek der Universität Münster im Band 12 des Nachlasses von C.F. Gauß ein Kapitel zur Apexbestimmung der Sonnenbewegung las. Schon vorher hatte ich in Olbers Werken gelesen, dass Olbers und Gauß sich in den Jahren  1822 - 1824 intensiv um die beste Methode zur Bestimmung der eigenen Sonnenbewegung aus den Eigenbewegungen der Sterne bemühten.  Es ging um die Methode der kleinsten Quadrate...

 

Dies war der Beginn einer jahrzehntelangen Leidenschaft zu einem theoretischen Problem der Stellarstatistik und Astrometrie. Auch das Problem der differentiellen Rotation der Milchstrasse lies sich neu betrachtet.  Fast hätte ich zu diesem mehr historischem Thema promoviert, doch durch die Ergebnisse der Voyager - Missionen kam alles anders.

 

Das Thema Apexbestimmung schließt die gesamte Astronomie des 18., 19. und Teile des 20. Jahrhunderts ein. Der Gegenstand ist wirklich klassische Astronomie in Bestform. Es tauchen hier Namen auf wie W. Herschel, F.W. Bessel, W. Olbers, C.F. Gauss, W. Argelander, O. Struve, A. Bravais, G.B. Airy, H. Kobold, J.C. Kapteyn, K. Schwarzschild, A. Eddington und schließlich auch J.H. Oort. Mathematisch ist es eine Symbiose aus Vektoralgebra und Wahrscheinlichkeitsrechnung, begleitet von Spinoralgebra und Quaternionen. Und mit den Daten des Hipparcos - Satelliten können alle Rechnungen der vergangenen Jahrhunderte nachvollzogen werden...

 

Im Jahre 2005 habe ich dann als unabhängiger Dozent am Argelander Institut der Universität Bonn eine Vorlesung zu diesem Themenkreis gehalten. In den unteren Grafiken stellen die "Besselpole" der Sterne diejenigen Richtungen an der Himmelskugel dar, die durch das Kreuzprodukt aus dem Richtungsvektor und dem Eigenbewegungsvektor des jeweiligen Sternes gegeben sind.

Eine Karte der Bessel-Pole

Die Besselpole von etwa 110000 Sternen des Hipparcos Kataloges. Der leuchtende Ring entsteht durch die Sonnenbewegung, die primäre und sekundäre Verdichtung in diesem Ring durch die differentielle Rotation der Milchstrasse.
Nach Abzug der Sonnenbewegung häufen sich die Besselpole der Sterne nur noch um die galaktischen Pole
Klassische Methoden der Astrometrie und ihre Erweiterungen
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Richtungsverteilung der von der Sonnenbewegung befreiten tangentialen Geschwindigkeitsvektoren von über 100000 Sternen.

Aktuelles

kritisch betrachtet

Eine neue Computersimulation im Jahre 2023 des Kosmos (Flamingo project) hat nicht nur Dunkle Materie, sondern auch baryonische Materie und galaktische Winde berücksichtigt. Die Hoffnungen, die S8-Anomalie der Strukturbildung dadurch zu klären, wurden aber enttäuscht. Ursache: anstatt w=-1 (Kosmologische Konstante) doch w = -2/3?

 

 

Eine kleine historische Sensation hat sich Ende 2022 in Belgien ereignet: Das  verloren geglaubte einzige Videointerview mit George Lemaitre (1894-1966) aus dem Jahre 1964 wurde in einem Archiv wiedergefunden. Es war falsch eingeordnet worden. Nicht nur auf youtube kann man es finden, sondern es existiert inzwischen (Januar 2023) auch eine schriftliche Transkription [arXiv:2301.07198v2] in französischer und englischer Sprache. Ich beabsichtige, dieses legendäre Interview zeitnah ins Deutsche zu übersetzen.   

 

 

Ende 2018 entstand weltweit ein riesiger Medienrummel (Medien-Hype), leider auch unterstützt von der Oxford University, dass das Problem der dunklen Materie und der Dunklen Energie durch die Einführung von zusätzlichen negativen Massen (dark fluid) mit zusätzlicher kontinuierlicher Materie-Erzeugung im Universum sehr einfach gelöst werden könne. Ursache sei einfach ein Vorzeichenfehler, behauptete Jamie Farnes von der Oxford University. (A&A 620, id. A92, 2018) Sofort tauchten aber Gegenstimmen auf, welche die Unmöglichkeit von negativen Massen (träger Masse,schwerer Masse, gravitativer Masse) im Rahmen der Einsteinschen Theorie darlegten. Zudem zeigte sich im Laufe des Jahres 2019 ein schwerer Fehler im Simulations-Programm und die Tatsache, dass sich im Rahmen dieser gewagten These und ihrer korrigierten Simulation die Halos um Galaxien nicht in der beobachten postulierten Form (dunkle Materie) bilden können. Ein öffentlicher Widerruf dieser fehlerhaft  falschen Hypothese hat aber nie stattgefunden! Historisch kann man diese Affäre als den NEGATIVE MASS BUG bezeichnen.

 

Hinweise auf eine angebliche Phase der "Inflation" im frühen Universum zerfallen zu Staub: Im März 2014 veranstaltete ein Team um den Harvard Astronomen J. Kovac (BICEP2) für eine völlig übereilte propagandistische Pressekonferenz (schon einen Tag vorher als  Sensation angekündigt!): Man hat in der Hintergrundstrahlung des Universums Signaturen einer Polarisation entdeckt, die angeblich eindeutig auf Gravitations-wellen in einer Inflationsphase des frühen Universums schließen lassen. Der eigentliche Skandal ist, daß man die Daten fast ausschließlich durch MIE-Streuung von Mikrowellen an inter-stellaren Staubteilchen erklären kann und muss -  und genau daran hatte das "Team" bei der Auswertung nur sehr unzulänglich gedacht! Ein aggessiver Versuch, die Öffentlichkeit durch Sensation zu täuschen und eine nicht überprüfbare (nicht falsi-fisierbare) Theorie (Inflations - Hypothese) salonfähig zu machen. Der Citation-Index dieser Veröffentlichung ist inzwischen wesentlich höher als ihr Widerruf. Die Raffgier nach Forschungs-geldern und Nobelpreisen treibt auch in der Wissenschafts - Industrie  immer bizarrere Blüten...

Nachweis angeblich überall im Universum vorhandener DUNKLER MATERIE in Form von Elementarteilchen gescheitert! Das bis jetzt empfind-lichste Experiment LUX in Sanford/South Dakota USA konnte in einer ersten Phase Ende Oktober 2013 keine WIMPs - Teilchen feststellen, die angeblich einen großen Teil der angeblich existierenden Dunklen Materie ausmachen sollen. Alle früheren angeblichen Nachweise sind somit fehlerhaft gewesen. Ein sehr wichtiges, schönes und befriedigendes Resultat "Die Sekte der Gläubigen an die "Dunkle Materie", die sich selber als alternativlos ansieht,  bleibt so weiter in der Krise.  Die Hypothese der "Dunklen Materie" ist allerdings im Sinne von Ockhams Rasiermesser die wahrscheinlichste "Minimalhypothese", da sie extrem einfach ist und jede dynamische Anomalie durch Hinzufügen exotischer Materie erklären kann. Ob allerdings so in der Zukunft der von Teilchenphysikern  geschürte "Big Science" Teilchen-Lobbyismus  mit der platten Devise - Wir verstehen nichts, können aber alles erklären - das vorherrschende Dogma bleiben wird, wissen nur die Sterne...