Gottfried August Bürger: Münchhausen
Illustrator: August von Wille 1856
Mit dem Fahrstuhl ins All
Space Elevator - Weltraumlift - Seildynamik
Als der Pariser Eiffelturm 1895 fertig gestellt war, hatte der russische Lehrer und Raketenpionier Ziolkowski die Idee (den Traum), am Erdäquator einen Turm bis ins Weltall zu bauen. Der Science Fiktion Autor Athur C. Clarke beschrieb 1978 in seinem Roman The Fountains of Paradise das Konzept, mit 50000 km langen Weltraumseilen, die durch die Erdrotation stabilisiert werden, in die geostationäre Umlaufbahn der Erde zu gelangen.
Als der älteste Sohn Tobias 2006 eine kleine Facharbeit zu diesem Thema an einem Bad Godesberger Gymnasium anfertigen sollte, sah ich auch für mich ein interessantes und schwieriges Problem, welches nicht der Punktmechanik angehörte. Meine Hoffnungen wurden nicht enttäuscht. Die Lösungen erstrahlten schließlich in voller Schönheit (Lagrange - Formalismus mit Funktionalen). Die mathematische Theorie erinnert in Vielem an John William Strutt, Baron Rayleigh: The Theory of Sound oder an Erwin Schrödinger: Quantisierung als Eigenwertproblem...
In oberen Bild ist links schematisch die Erdkugel zu sehen, an der in der Äquatorregion ein etwa 140000 km langes Seil verankert ist. Die höchsten Zugspannungen treten am geostationären Punkt auf, hier durch eine kleine rote Kugel gekennzeichnet. Im unteren Bild ist ein Mondseil zu sehen, welches am Mond verankert ist und etwa 250000 km weit in Richtung Erde zeigt. Die höchste Zugspannung tritt hier am Lagrange'schen Punkt L1 auf. Mit den heute bekannten Materialien maximaler Reißfestigkeit ließe sich im Prinzip nur das Mondseil realisieren. Für das Erdseil kämen in Zukunft vielleicht spezielle bienenwabenförmige Kohlenstoffverbindungen (GRAPHEN) in Frage.
Doch wahrscheinlich bleiben diese Dinge auch noch in den nächsten 50 Jahren reine wissenschaftlich - technische Fiktionen...
Die Kettenfontäne
Im Jahre 2013 konnte der BBC Science Presenter Steve Mould zeigen, dass eine spezielle 50 Meter lange Kugelkette nicht einfach aus einem Glasbecher zu Boden fällt, sondern sich zusätzlich eine Fontäne ausbildet. Das Verhältnis aus Steighöhe zu Fallhöhe lag bei dieser realen Kettenfontäne bei etwa 1/6. Eine exakte Theorie auf Grundlage der Lagrange - Theorie liefert für eine idealisierte Kettenfontäne ohne Reibung und ohne Bodenkontakt das Verhältnis y1(t)/y2(t) zu 1/(2+sqrt{10}) ~ 0.194...Bei einer Fontäne mit Bodenkontakt kann dieses Verhältnis sogar 1/(1+sqrt{7}) ~ 0.274.. werden. Beide Verhältnisse müssen als theoretische Obergrenzen für reale Fontänen verstanden werden. Die von Biggins & Warner so ausführlich postulierte "abstoßende Kraft" aus dem Becherboden mit einem fiktiven Parameter ist sehr fragwürdig; eine "durch reactio entstehende treibende Schubkraft" tritt nur bei einer wachsenden Fontäne ohne Bodenberührung auf; bei Bodenkontakt des fallenden Endes fließt die Kette plötzlich völlig "gewichtslos". Auch die Fließgeschwindingkeit der stationären Kettenfontäne ist geringer als von Biggins & Warner prognostiziert.
Die einfachste Lagrange-Theorie ist im obigen Buch dargestellt. Die Kettenfontäne (chain fountain) ist ein sehr schönes Beispiel dafür, wie problematisch in der klassischen Mechanik der "Kraftbegriff" bei variablen Massen ist. Man wird hier an Heinrich Hertz (1857-1894) erinnert, der in seinem Artikel - Die Prinzipien der Mechanik in neuem Zusammenhange dargestellt - versucht hat, den Kraftbegriff in der Mechanik zu eliminieren.
Die Kettenfontäne wäre die ideale Realisierung des indischen Seiltricks, wenn man - utopisch - ein etwa 1000 km langes Stahlseil in ein 1000 km tiefes Erdloch hineinfallen ließe. Bevor dieses Seil vollständig im Erdloch verschwindet, würde es in einer Schleife viele Kilometer in den Himmel aufsteigen - gegen die Erdanziehung - bevor es dann für immer im Loch verschwände.
Als Münchhausen in türkischer Kriegsgefangenschaft war, kam er einmal mit Bären in Kampf. Er schleuderte seine silberne Axt nach ihnen. Aber sie flog in die Höhe und fiel auf den Mond. Alsbald pflanzte er eine türkische Bohne, die rasch emporwuchs, bis sie sich an einem Horn des Mondes rankte. Münchhausen kletterte zum Mond und holte seine Axt. Da die Sonne aber die Bohne ausgetrocknet hatte, musste er beim Abrutschen immer wieder ein Stück abhauen und unten anknüpfen. (Postkartenrückseite).
Die unglaublichen Geschichten des Freiherrn von Münchhausen (1720-1797) wurden ab 1785 in mehreren Auflagen in England von Rudolf Erich Raspe (1736-1794) und in Deutschland ab 1786 von dem Dichter Gottfried August Bürger (1747-1794) zusammengestellt.
Jede hinreichend fortschrittliche Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden.
Arthur C. Clarke (1917-2008)
Aktuelles
kritisch betrachtet
Eine kleine historische Sensation hat sich Ende 2022 in Belgien ereignet: Das verloren geglaubte einzige Videointerview mit George Lemaitre (1894-1966) aus dem Jahre 1964 wurde in einem Archiv wiedergefunden. Es war falsch eingeordnet worden. Nicht nur auf youtube kann man es finden, sondern es existiert inzwischen (Januar 2023) auch eine schriftliche Transkription [arXiv:2301.07198v2] in französischer und englischer Sprache. Ich beabsichtige, dieses legendäre Interview zeitnah ins Deutsche zu übersetzen. Bis jetzt kannte man nur ein schriflich niedergelegtes Interview aus dem Jahre 1938.
Ende 2018 entstand weltweit ein riesiger Medienrummel (Medien-Hype), leider auch unterstützt von der Oxford University, dass das Problem der dunklen Materie und der Dunklen Energie durch die Einführung von zusätzlichen negativen Massen (dark fluid) mit zusätzlicher kontinuierlicher Materie-Erzeugung im Universum sehr einfach gelöst werden könne. Ursache sei einfach ein Vorzeichenfehler, behauptete Jamie Farnes von der Oxford University. (A&A 620, id. A92, 2018) Sofort tauchten aber Gegenstimmen auf, welche die Unmöglichkeit von negativen Massen (träger Masse,schwerer Masse, gravitativer Masse) im Rahmen der Einsteinschen Theorie darlegten. Zudem zeigte sich im Laufe des Jahres 2019 ein schwerer Fehler im Simulations-Programm und die Tatsache, dass sich im Rahmen dieser gewagten These und ihrer korrigierten Simulation die Halos um Galaxien nicht in der beobachten postulierten Form (dunkle Materie) bilden können. Ein öffentlicher Widerruf dieser fehlerhaft falschen Hypothese hat aber nie stattgefunden! Historisch kann man diese Affäre als den NEGATIVE MASS BUG bezeichnen.
Hinweise auf eine angebliche Phase der "Inflation" im frühen Universum zerfallen zu Staub: Im März 2014 veranstaltete ein Team um den Harvard Astronomen J. Kovac (BICEP2) für eine völlig übereilte propagandistische Pressekonferenz (schon einen Tag vorher als Sensation angekündigt!): Man hat in der Hintergrundstrahlung des Universums Signaturen einer Polarisation entdeckt, die angeblich eindeutig auf Gravitations-wellen in einer Inflationsphase des frühen Universums schließen lassen. Der eigentliche Skandal ist, daß man die Daten fast ausschließlich durch MIE-Streuung von Mikrowellen an inter-stellaren Staubteilchen erklären kann und muss - und genau daran hatte das "Team" bei der Auswertung nur sehr unzulänglich gedacht! Ein aggessiver Versuch, die Öffentlichkeit durch Sensation zu täuschen und eine nicht überprüfbare (nicht falsi-fisierbare) Theorie (Inflations - Hypothese) salonfähig zu machen. Die Raffgier nach Forschungsgeldern und Nobelpreisen treibt auch in der Wissenschafts - Industrie immer bizarrere Blüten...
Nachweis angeblich überall im Universum vorhandener DUNKLER MATERIE in Form von Elementarteilchen gescheitert! Das bis jetzt empfind-lichste Experiment LUX in Sanford/South Dakota USA konnte in einer ersten Phase Ende Oktober 2013 keine WIMPs - Teilchen feststellen, die angeblich einen großen Teil der angeblich existierenden Dunklen Materie ausmachen sollen. Alle früheren angeblichen Nachweise sind somit fehlerhaft gewesen. Ein sehr wichtiges, schönes und befriedigendes Resultat! Die Hypothese der "Dunklen Materie" ist allerdings im Sinne von Ockhams Rasiermesser die wahrscheinlichste "Minimalhypothese", da sie extrem einfach ist und jede dynamische Anomalie durch Hinzufügen exotischer Materie erklären kann. Im Rahmen der Gravitationstheorie (nicht Elementarteilchen - Theorie) wären aber dann "black holes" unterschiedlicher Massen die wahrscheinlichsten Objekte für Dunkelmaterie (Schon J. Michell (1724-1793) und P.S. Laplace (1749-1827) hatten dies vage vermutet) Sie wären so etwas wie "die ungeborenen Sterne" des Kosmos, da bei Ihnen die Gasakkretion nicht stattfand oder nicht stattfinden kann. Ob allerdings in der Zukunft der von Teilchenphysikern geschürte "Big Science" Teilchen-Lobbyismus mit der platten Devise - Wir verstehen nichts, können aber alles erklären - das vorherrschende Dogma bleiben wird, wissen nur die Sterne...